Gesteine

Gesteine sind natürliche Mineralaggregate deren Gefüge und mine­ralogische Zusammensetzung in gewissen Ausmaßen gleich­förmig ist und die geologisch selbständig auftreten. Die Glied­erung basiert auf ihrer Genese, mineralogischen Zusammen­setzung und den Gefügen.

Was sind Gesteine?

Für viele von uns sind Steine bloß grau, hart und eben Steine, ob­wohl diese zu unserem täglichen Leben wie Brot und Salz gehören, und vom Menschen seit seiner Existenz benutzt werden. Um so er­staunlicher ist es, dass nur wenige die Frage stellen: "Was sind Steine?"

Ursprünglich verwendete der erste Homo sapiens Steine, so wie sie auf der Erde herumlagen. Erst viele tausend Jahre später bearbeitete er sie zu groben Faustkeilen und noch später zu einfachen Werk­zeugen und Waffen. Diese entwickelte und perfektionierte er in wei­teren Tausenden von Jahren immer weiter. Neben Waffen und Werkzeugen fand man in Fürsten- und Königsgräbern auch form­schöne, bunte, glänzende Steine. Daraus ist zu schließen, dass Gesteine und Minerale immer schon Symbole des Reichtums und der Macht waren, und als Wertgegenstände gesammelt, gezeigt und be­wahrt wurden. Archäologen fanden auch aus Stein gemeißelte oder aus Ton geformte Figuren, die Menschen und Tiere darstellen. Schöne Steine waren auch Kultobjekte und wurden als Schmuck getragen, aber auch zu Kunstwerken verarbeitet, was sich bis heute nicht geändert hat.

Nehmen wir einen Stein zur Hand und betrachten ihn aufmerksam. Wir erkennen, dass er aus vielen kleinen Teilchen, aus Mineralen, be­steht. Diese Teilchen sind unterschiedlich groß, haben unter­schiedliche Formen und Farben, und sind geregelt, oder auch nicht, im Stein angeordnet. Demnach sind Steine eine Ansammlung von Mineralen gleicher Art oder verschiedener Arten. Auch Erze und Salze sind Steine, die aus bestimmten Mineralen, den sogenannten Erz- und Salzmineralen, bestehen. Die durch "Versteinerung" von Pflanzen entstandene Kohle ist ebenfalls ein Gestein, wobei der Grad der Inkohlung den Anteil an Stein in dieser ausmacht.

Demnach sind die Minerale die Bausteine der Gesteine, und kommen in ihnen in unterschiedlich qualitativen und quantitativen Verhält­nissen vor. Die Art der Bindung der Minerale ergibt die Struktur eines Gesteins, während die Textur die Regelung in diesem verdeutlicht. Struktur und Textur ergeben als Einheit das Gesteinsgefüge.

Die Gebirge unserer Erde sind aus Gesteinen aufgebaut, doch auch ein hausgroßer Fels oder ein faustgroßer Kiesel sind Steine, ja sogar Sandkörner, die aus mehreren meist nur mit einer Lupe oder unter einem Mikroskop zu sehenden Mineralien bestehen, sind Steine, eben nur ganz kleine.

Lockerer Sand, Staub oder Schlamm sind Sedimente, die erst durch Verfestigung zu Stein werden, zu Sedimentgesteinen, die auch Sedi­mentite genannt werden. Zu den Sedimentiten gehören Gips, Kalksteine und Salze, die durch Verdunstung des Meerwassers ent­stehen. Zu Stein werden auch auf dem Meeresboden abgelagerte Kieselalgen, zu sogenanntem Kieselschiefer oder Chert, während ein Großteil der Kalksteine versteinerte Korallenriffe sind.

Vulkanische Auswürflinge, Asche, Lapillis, Blöcke und Bomben werden nach ihrer Ablagerung zu Tephra und nach ihrer Verfestigung zu Tuffgestein. Diese sind durch ihre Herkunft und die Art der Ablagerung sowohl Vulkanite als auch Sedimentite, und somit das Bindeglied zwischen den beiden großen Gesteinsgruppen - den Magma­titen und Sedimentiten.

Flüssiges Gestein, das als Lava an die Erdoberfläche gelangt, erstarrt zu Lavagestein, während in der Tiefe der Erdkruste das Magma zu Tiefen- oder Intrusivgesteinen, auch Magmatite genannt, kris­tallisiert.

Im Inneren der Erdkruste, in Tiefen bis über 100 km, werden unterschiedlichste Gesteine bei Temperaturen zwischen 300 und 900°C, und Drucken von 2 bis höher 30 Kilobar zu Metamorphiten oder metamorphen Gesteinen umgewandelt. Diese unterscheiden sich von den Ausgangsgesteinen nicht nur durch die neu gebildeten Mineralbestände, sondern auch durch die neuen Gefüge, die während der Metamorphose entstehen.

Gesteinsbildende Minerale haben nur selten ideale Formen, weil sie sich während des Wachsens gegenseitig behindern, und so nur be­liebige Formen ausbilden können und nur selten extrem groß werden.

Auch in der unbelebten Natur gilt das Gesetz des Stärkeren oder des Erstgeborenen.

Minerale mit großer Kristallisationskraft wachsen schneller und werden meist größer als solche mit kleiner, die sich nur langsam entwickeln. Normalerweise sind große Minerale von kleineren umgeben, doch nicht selten kommt es vor, dass größere kleinere vollkommen einschließen.

In Vulkaniten sind ideal ausgebildete Minerale recht häufig, und zwar dann, wenn sie als Frühkristallisate gebildet vorliegen. Die später gewachsenen Kristalle können nur selten größer werden und einen idealen Habitus ausbilden. Die zuletzt gebildeten Minerale nehmen meist die Form des Raumes an, den die Restschmelze, aus der sie kristallisieren, ausfüllte. Kühlt eine Lava sehr schnell ab, ist die Kristallisation der Schmelze unterbunden, so dass das resultierte Gestein nur aus früh kristallisierten Mineralien und aus amorphem Gesteinsglas besteht. Die bekanntesten Gesteine dieser Art sind Obsidian, Pechstein und Perlit.

Aus granitoiden wässerigen Restschmelzen kristallisieren Pegmatite mit sehr großen, schönen und seltenen Mineralien, die durch ihre Formen und Farben, oft auch wegen ihres Seltenheitswerts, sehr beliebte Sammelobjekte sind. Ebenso begehrt sind die schönen Gangminerale, die aus den verbliebenen hydrothermalen Lösungen auf Klüften und in Hohlräumen wachsen.

Die ersten Gesteine waren Magmatite, die aus der "Ursuppe", d. h. dem primären Magma entstanden sind, und zwar vor mehr als vier Milliarden Jahren. Als die flüssige Erdoberfläche langsam abkühlte und die Ursuppe nur noch 1500° C heiß war, begannen Minerale differenziert zu kristallisieren. Dann vereinigten sich die in der Schmelze schwimmenden Minerale zu kleinen Gesteinsbrocken, die z. T. weiter wuchsen oder in der immer noch sehr heißen Schmelze auseinanderbrachen oder von neuem schmolzen. Dieses Spiel - kristallisieren - verfestigen - aufbrechen - schmelzen - dauerte mit Sicherheit noch einige Millionen Jahre an, bis das erste stabile Festland entstand und sich Erdkruste bildete.

Das alles können wir uns leichter vorstellen und verstehen, wenn wir die erstarrende Oberfläche eines Lavasees in einem Vulkankrater beobachten. Wir sehen die abkühlende Lava auf der rot glühenden Oberfläche der Schmelze zu einer dunklen Gesteinskruste erstarren. Durch das ständige Kochen und das heftige Entweichen von Gasen bricht die Kruste zu Schollen auf, von denen einige unter die Oberfläche des glühenden Sees absinken und in die Schmelzen eintauchen. Andere Schollen werden mit neu gebildeter Kruste verschweißt und wachsen langsam an, bis der ganze Kraterboden zu festem Gestein erstarrt ist. So oder ähnlich entstanden vor Urzeiten die ersten Gesteinsinseln, die im Laufe von Millionen Jahren zu kleinen oder größeren Kontinenten anwuchsen.

Die primär gebildeten Magmatite sind entsprechend der chemischen Zusammensetzung der Schmelze aus unterschiedlichen Mineralen gebildet. Es sind vor allem Plagioklase, Olivine, Pyroxene, Amphibole, Phlogopit, Zirkon, Apatit sowie sulfidische und oxidische Erzminerale.

Die Gesteine der ersten Inseln und Kontinente sind durch den damals vorherrschenden schwefelsauren Regen zu Gesteinsblöcken und Gesteinsfragmenten zerlegt, und zu Sand und Staub verwittert worden. Wind und Wasser verfrachteten die Verwitterungsprodukte in einen See, in ein Meer oder den Ozean, wo sie als mehr oder weniger grober Sand und als feiner Schlamm abgelagert wurden. Diese frühen Sedimente wuchsen zu mächtigen Schichtpaketen an. Dabei wurden die tiefer liegenden Formationen unter dem Belastungsdruck der aufliegenden Sedimente und des darüberliegenden Wassers verfestigt und so zu Sedimentgesteinen.

In neu gebildeten Sedimenten und Sedimentiten entstanden und entstehen auch heute noch neue Minerale, was ebenfalls von den herrschenden Temperatur- und Druckbedingungen abhängig ist. Dabei kommt dem im Sediment vorhandenem Wasser eine größere Bedeutung zu, vor allem wenn in diesem Minerale bildenden Substanzen gelöst sind.

Gelangen nun Gesteine in größere Tiefen der Erdkruste, werden sie dort bis zu 800 - 900° C heiß und somit plastisch. Unter den neuen heißen Bedingungen werden einige der Minerale nur ihre Größe und Form ändern, andere gehen in chemisch ähnliche Minerale über, während andere vollkommen verschwinden und ganz neue, bisher im Gestein nicht vorkommende, entstehen. Dabei erhalten die neuen Gesteine auch neue Gefüge.

Solche Prozesse laufen während einer Orogenese und Tektogenese, d. h. während der Entstehung großer Gebirgszüge ab, oder am Kontakt zwischen einem aufsteigendem heißen Magma und dem aufgeheiztem umliegenden Gestein. Dabei entstehen die sogenannten Hornfelse oder Thermo-Metamorphite. In großen Tiefen kommt es auch zu Teilaufschmelzungen der Krustengesteine, wobei die verbliebenen Komponenten zusammengepresst werden, und ein Teil der resultierten Schmelze zur Erdoberfläche aufsteigt. Der verbliebene Teil der Schmelze kristallisiert jedoch am Ort der Entstehung von neuem. Die nicht aufgeschmolzenen Minerale werden zu kleinen, Dezimeter bis Meter großen Körpern zusammengeballt oder verbleiben als schwimmende Individuen im Magma. Aus diesen, in der Tiefe verbliebene Restiten, und aus dem vor Ort verbliebenen, verfestigtem und kristallisiertem Magma entstehen neue Gesteine von sehr unterschiedlicher mineralischer Zusammensetzung und mit sehr unterschiedlichen Gefügen - die Migmatite.

Das aus der unteren Erdkruste nach oben gepresste Magma hat mit wenigen Ausnahmen eine granitoide Zusammensetzung, und aus ihm entstehen in den oberen Bereichen der Erdkruste unterschiedlich große Gesteinskörper, die sogenannten Granit-Plutone. Die Schmelze gelangt jedoch auch als Lava an die Erdoberfläche, bildet dort Vulkane und Vulkangebirge von rhyolithischer - dazitischer - trachytischer Zusammensetzung.

In Tiefen der Lithosphäre und in noch größeren Tiefen, der Asthenosphäre und im Erdmantel, laufen Prozese ab, die zu lokalen Teilaufschmelzungen derselben führen. Die so entstandene Schmelze hat basaltischen Chemismus und drängt nun unter dem Druck der Volatilen und bedingt durch die geringere Dichte der resultierten Schmelze auf tiefreichenden Schwächezonen der Erdkruste nach oben. Das basaltoide Magma gerät auf dem Weg zur Erdoberfläche in sogenannte Magmenkammern, wo es zu einer totalen oder partialen Kristallisation kommt. Solche Tiefengesteine gehören der Familie des Gabbros im weitesten Sinne an.

An anderen Orten kann die basaltoide Gesteinsschmelze direkt bis zum Ozeanboden oder an die Erdoberfläche aufsteigen, dort in mehr oder weniger großen Dykes und Lavaströmen abfliessen, und neue Erdkruste von basaltoider Zusammensetzung bilden.

So schließt sich dann der die Erde in ständiger Bewegung haltende Kreislauf: Magma ®, Magmatit ®, Sediment ®, Sedimentit ®, Metamorphit ®, Magma ®, Lava ®, Lavagestein.

                                                                                                                     Dr. Alfred K. Schuster